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Big Data? Na klar, meine Excel-Datei ist schon 15 MB groß!

Big Data hier, Big Data da. Jeder spricht darüber, es ist das ganz große Ding, das keiner verpassen will. Keine Konferenz zum Thema Digitalisierung ohne nicht wenigstens einen Vortrag im Zusammenhang mit Big Data. Auch im speditionellen Umfeld geistert das griffige Schlagwort herum und man hat das Gefühl: Alle arbeiten entweder schon daran, etwas damit zu machen, oder setzen es in irgendeiner Form bereits ein. An dieser Stelle möchte ich Sie zwar nicht desillusionieren, aber ich sage es mal so: Nur weil Ihre Exceldatei 15 Megabyte groß ist, nutzen Sie noch lange nicht Big Data. Spoiler Alarm: Wahrscheinlich brauchen Sie es in den nächsten Jahren nicht einmal.

Big Data als Blackbox

Aber fangen wir einmal vorne an. Big Data wird häufig als Sammelbegriff für viele weitere Trends benutzt, die durchaus damit kombinierbar sind, aber nicht dasselbe meinen. Künstliche Intelligenz (KI) gehört zum Beispiel dazu. Sie kann dabei helfen, die Big-Data aufzubereiten, zu analysieren, schließlich zu interpretieren und auf dieser Grundlage bestimmte Probleme lösen. Sie hilft bei ergebnisoffenen Analysen, wie zum Beispiel Prognosen. Aber dazu brauchen Sie zunächst einmal jene großen Datenmengen. Und das sind überwiegend unstrukturierte Massendaten, die sozusagen wie durch einen Trichter in eine Blackbox laufen. Das beste Beispiel dafür, wo solche Informationen anfallen, sind soziale Medien. Nehmen wir zum Beispiel Twitter: Auf der Plattform posten User pro Tag etwa 500 Millionen Tweets. Diese haben zwar einen Zeitstempel und sind eindeutig Benutzern zuzuordnen. Aber diese Datenmenge strukturiert auszuwerten – zum Beispiel, um bestimmte Trends oder Stimmungen erkennen zu wollen – ist eine enorme Herausforderung. Hashtags helfen ein wenig dabei, aber sie kommen längst nicht in allen Tweets vor. Hier geht es darum, Millionen und Milliarden von Datensätzen schnell zu analysieren.

 

Excel: Nur die Größe zählt?

Kaum mit dem speditionellen Umfeld zu vergleichen, richtig? Große Stückgutkooperationen bewegen pro Tag vielleicht 20.000 bis 40.000 Sendungen. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Datensätze fallen also längst nicht unter Big Data. Aber nicht nur aufgrund der Menge von Informationen, sondern auch wegen ihrer Struktur. Denn als Logistiker sammeln sie so gut wie keine unstrukturierten Massendaten. Sie haben genaue Informationen über Verlader, Empfänger, Zustelltermine, Kapazitäten, Mengen und so weiter. Weil diese Daten so gut strukturiert sind, nutzen vor allem mittelständische Logistiker nach wie vor relationale Datenbanken, die mit Tabellen funktionieren. Und damit sind wir auch schon bei den nach wie vor unglaublich beliebten Excel-Dateien, die gerade bei mittelständischen Speditionen das Maß aller Dinge sind. Generell kann man sagen: Je größer die Exceldatei, desto besser fühlen sich alle Beteiligten. „Wow, meine Excel ist schon 15 MB groß, nicht schlecht!“ Da stecken fraglos viele Daten drin, aber mit Big Data hat das ungefähr so viel gemeinsam wie eine Diskette mit den Anforderungen der Digitalisierung im 21. Jahrhundert.

 

Excel ist außerdem recht begrenzt. Nicht nur, dass die Software nicht mehr als 1,04 Millionen Zeilen verwalten kann. Hinzu kommt, dass selbst das schon eine reichlich theoretische Größe ist. Denn lange bevor Sie an diese Grenze stoßen, wird die Datei auf eine derartige Größe angeschwollen sein, dass Sie sie kaum noch vernünftig bearbeiten und auswerten können. Spätestens bei Dateien von 100 MB ist dann endgültig Schluss, ganz egal, wie leistungsfähig Ihr Computer ist. Und auch mit der besten Tabellenkalkulation lässt sich dank Formeln und Funktionen nur ermitteln, was ist. Prognosen sind damit nicht möglich.

BI statt BD!

Fassen wir also zusammen: Per Definition passt Big Data im Moment noch nicht so recht in die Speditionswelt, weil es dabei um (teilweise unstrukturierte) Massendaten geht. Speditionen hingegen sammeln und verarbeiten zahlreiche strukturierte Daten, die sich auch im Jahre 2020 noch in einem überschaubaren Rahmen bewegen. Und weil im Mittelstand nach wie vor häufig genug noch Excel zur Auswertung benutzt wird und die Datenmengen auch in Zukunft nicht auf hunderte Millionen oder gar Milliarden Datensätze pro Tag anschwellen werden, wird Big Data auch in einigen Jahren für die insgesamt mittelständisch geprägte Branche keine große Rolle spielen. Was hingegen tatsächlich statt BD wichtiger wird, ist BI – Business Intelligence.

Intelligente, automatisierte und schnell verfügbare Auswertungen sind das zentrale Thema jeder Spedition. Die Basis dafür bilden moderne relationale Datenbanken wie SQL, die tatsächlich auf die stetig steigenden Mengen an strukturierten Daten ausgelegt sind. Jede klassische BI-Lösung fußt auf einer solchen Datenbank, die zudem auch ohne künstliche Intelligenz fähig ist, Prognosen zu erstellen. Auch wenn damit zum Beispiel im Hinblick auf Mengenschwankungen keine absolute Planungssicherheit möglich ist, kann man sich doch zumindest annähern. Aber auch das beste Prognosemodell wäre an Sonderfällen wie der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie gescheitert.

Big Data ist also nicht gleichbedeutend mit much Data, Prognosen bereiten nicht auf jede Eventualität vor und eine KI ersetzt keine BI. Für Speditionen sind die klassischen, historischen Auswertungen noch immer das Beste, weil sie so exakte Ergebnisse auf eindeutige Abfragen liefern. Business Intelligence macht es möglich. Wenn es also um die Zukunft der Speditionen geht, ist der nächste Schritt erst einmal der, von Excel zu einer echten Business Intelligence zu wechseln. Erst danach lohnt sich ein Blick in die Glaskugel.

Die fünf häufigsten Fehler bei der BI-Einführung

  1. „Das machen wir neben der TMS-Einführung.“

    Der Umfang einer BI-Einführung wird unterschätzt. Häufig läuft die Einführung einer Business Intelligence als Nebenschauplatz parallel zu anderen Projekten, beispielsweise der Einführung eines neuen Transport Management Systems (TMS). Und nicht selten ist dasselbe Team für die Aufgleisung beider Systeme verantwortlich. Die Folge: Im Berichtswesen kommt es zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen, weil die Mitarbeiter sich vor allem auf die TMS-Einführung konzentrieren.BI ist kein Selbstläufer. Betrachten Sie die BI-Einführung als eigenständiges Projekt. Benennen Sie einen eigenen Projektmanager und stellen Sie ein abteilungsübergreifendes Team zusammen. Damit stellen Sie sicher, dass Sie zum einen Input aus allen Fachbereichen erhalten und es zugleich in jedem Bereich einen Wissensträger gibt, der bereits mit der BI vertraut ist. Das hat auch noch weitere Vorteile, die in den Punkten 2 und 5 deutlich werden.

  2. „Business Intelligence ist Excel 2.0.“

    Falsche Vorstellungen von BI. Business Intelligence kann mehr als eine Exceltabelle. Doch häufig leitet sich die Erwartung an BI aus der bisherigen Praxis ab. Und die bestand in vielen Fällen darin, umfangreiche Tabellen auf der Basis von einzeln abgefragten Daten aus zahlreichen Bereichen und Abteilungen zu pflegen. Eine BI wird entsprechend oft wie ein Excel-Tool gesehen, mit dem sich Einzeldaten aus einem TMS exportieren und anschließend nachbearbeiten lassen.Aber BI ist nicht Excel 2.0. Es ermöglicht umfassendere und aussagefähigere Berichte, lässt sich schnell an andere Datenquellen wie TMS anbinden und beschleunigt unter anderem die Datenabfrage durch regelmäßige automatisierte Prozesse. Damit bildet es eine eindeutige Datengrundlage, arbeitet verlässlicher als eine Tabellenkalkulation und liefert stabile und aussagekräftigere Berichte. BI erleichtert auch die Fehlersuche erheblich: Während die Fehler in Excel schwer zu finden sind, lässt BI zahlreiche Fehler überhaupt nicht zu. Vor allem aber bietet eine BI einen schnellen Überblick über die Faktoren, die herausstechen. Statt alles überblicken zu müssen, können Sie sich gezielt auf die Merkmale konzentrieren, die stark von der Norm abweichen, und entsprechend reagieren. Und bei großen Datenmengen mit mehr als einer Million Zeilen hat Excel ohnehin keine Chance mehr. Für moderne Datenbanksysteme sind solche Größenordnungen kein Problem. Zudem werden diese Datenbanken laufend im Hinblick auf Performance optimiert.

  3. „Das haben wir schon immer so gemacht.“

    Alte Strukturen sollen unhinterfragt übernommen werden. Bei der Einführung einer BI werden zunächst einmal sämtliche Berichte herangezogen, die bisher erstellt wurden. Die Vorgabe: Alle Reports müssen im neuen BI ebenfalls abgebildet werden. Dabei wird häufig nicht berücksichtigt, welche Auswertungen bereits in anderen Systemen abgerufen werden und vor allem, welche wirklich noch benötigt werden. Häufig ist eine Vielzahl von Berichten historisch gewachsen. In der Folge werden dann beispielsweise alte TMS-Strukturen und -inhalte künstlich im neuen BI nachgebildet. Das steigert die Komplexität, erhöht die Kosten für den nötigen Programmieraufwand und läuft schließlich dem eigentlich verfolgten Ziel entgegen, Berichte übersichtlicher zu gestalten.Jede Software-Neueinführung geht mit operativen Prozessveränderungen einher. Darum ist es nicht nur wichtig, die Grundbegriffe und Funktionen der neuen Software zu kennen. Es ist ebenso wichtig, die eigenen bisherigen Berichtsanforderungen zu überprüfen. Legen Sie fest, welche Berichte sie wirklich brauchen und worauf diese abzielen. Benötigen sie wirklich 50 verschiedene Berichte, oder reichen nicht doch maximal 20 aus? Klären Sie mit ihrem IT-Dienstleister die Definitionen auch für oberflächlich trivial erscheinende Merkmale (zum Beispiel Effektivgewicht vs. Abrechnungsgewicht) genau, um möglichst präzise und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

  4. „Dafür haben wir Sie doch engagiert.“

    Der Self-Service-Gedanke wird ausgeblendet. Nicht zuletzt deshalb, weil die BI-Einführung als Prozess unterschätzt wird, wird auch der Self-Service-Anspruch außer Acht gelassen. Das bedeutet: Unternehmen sind ohne sogenannte Key-User, die im Umgang mit der BI besonders geschult sind, für jede zu erstellende Auswertung auf den Dienstleister angewiesen. Und wenn Key-User benannt und geschult werden, bleibt ihnen neben dem hektischen Tagesgeschäft und sonstigen aufwändigen Kalkulationsaufgaben (z. B. für Ausschreibungen) kaum Zeit für diese Aufgabe.Wer also den Self-Service-Gedanken ernst nehmen will, muss seinen Key-Usern dafür entsprechende Zeitfenster einräumen. Nur so können Unternehmen viele Anforderungen selbst abbilden. Wir empfehlen allen Firmen, bei denen wir eine BI einführen, Key-User schulen zu lassen. Diese lernen, sich in der modernen Datenbank-Umgebung sicher bewegen zu können. Dazu gehören neben SQL weitere Tools, mit denen man schnell und einfach Ad-Hoc-Berichte erstellen kann. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen macht eine Vertretung durch einen externen Dienstleister beispielsweise in Urlaubsfällen Sinn. Aber generell ist das Einsparpotenzial durch die Ausbildung von Key-Usern nicht unbeträchtlich. Zudem werden Flexibilität und Unabhängigkeit im Berichtswesen deutlich erhöht.

  5. „Das ist aber ganz schön komplex.“

    BI-Berichte werden unnötig aufgebläht. Oft werden operative Auswertungen als BI-Berichte definiert, obwohl diese beispielsweise bereits über das TMS verfügbar sind. Hinzu kommt, das unterschiedliche Berichte aus verschiedenen Abteilungen als Anforderungen eingereicht werden, die sich mit einem einzigen Bericht abdecken ließen.Selten benötigte Abfragen können durch Key-User über eine SQL-Abfrage direkt im Data Warehouse erfolgen und müssen nicht zu einem aufwendigen Regelbericht werden. Für den Großteil der Auswertungen reicht eine Tages-, Wochen- oder Monatsauswertung völlig aus. Durch die dynamischen Zeitfilter ist die Berichtsausgabe aber so flexibel, dass sie alle gewünschten Zeitdimensionen abdecken kann. Und mit der frühzeitigen Einbeziehung von Kollegen aus allen Abteilungen stellen Sie sicher, dass Berichtsanforderungen sich früh miteinander abgleichen lassen und gebündelt gestellt werden.

Fazit

Die BI-Einführung ist ein eigenständiges Projekt und sollte mit entsprechenden zeitlichen Ressourcen bedacht werden. Denn BI kann mehr und ist aussagekräftiger als Excel, ist aber dafür auch komplexer. Wer frühzeitig ein Projektteam einrichtet, das Berichtsanforderungen aus allen Unternehmensbereichen gewichtet, hinterfragt und bündelt, gewinnt damit einen schnelleren und effizienteren Einstieg in die BI-Welt. Key-User, die sich sicher in der Datenbankumgebung bewegen können, sind zudem ein Muss – gerade für mittelständische Logistiker.